Freitag, 26. März 2010

Chinesische Konzertkultur

Gestern abend gab es noch ganz spontan ein Konzert, in dem ich ganz spontan noch einspringen sollte, um ein Stück Klavier zu spielen. Eine Delegation aus Beijing war der Anlass. Schade, dass man Mihr nicht früher bescheid geben konnte. Aber bei den vielen Nettigkeiten, die man uns hier tat, konnte ich den Gefallen nicht ausschlagen. Leider schwingt in diesem Satz etwas Ironie mit, denn der ganze Tag wurde von Stefanies im letzten Post beschriebenen Problemen überschattet.
Ich saß vorz dem Beginn hinter der Bühne und vergnügte mich wieder mit den anderen Chinesen, die auf ihren Auftritt warten. Neben den üblichen Standardfragen, wurde ich auch endlich zum ersten Mal gefragt, was ich denn von Hitler halte, den mein Gegenüber ausgesprochen sympatisch fand.
Das Konzert selbst fing 80 (!) Minuten später an als geplant. Dass der Grund dazu das verspätete Eintreffen der Delegation war, wusste ich nur, weil ich mich hinter der Bühne befand. Das wartende Publikum, bestehend aus Studenten, die teilweise durch Anwesenheitspflicht bei ihren Kusleitern den Saal füllten, wurde in chinesischer Manier im Unklaren gelassen. Wozu jemandem etwas mitteilen, wenn es nicht lebensnotwendig ist?

Die unterschiedlichen Auftritte waren ausgesprochen Abwechslungsreich. Eine traditionelle Gruppe chinesischer Tänzerin mit Masken, Fächern und Kostümen, ein unglaublich toll spielender Sopransaxofonist, ein Ausschnitt aus einem Theaterstück und Opernarien gehörten zu den besten Beiträgen. Leider kamen ziemlich viele der Begleitmusiken der Solisten vom Band - schade, dass es an der Anhui Universität anscheinend keine Bestrebungen gibt, so etwas von Hand zu begleiten.
Höhepunkt war schließlich der Auftritt des Chors. Gute 50-60 Studenten in voller Montur (alle Frauen in denselben roten Kleidern) die die Hymne der Uni sangen. Leider ebenfalls zur Musik vom Band und teilweise Playback (da ich hinter der Bühne direkt neben den Sängern stand, konnte ich das herausfinden).

Die größte Enttäuschung war schließlich das Ende. Noch während das letzte Lied gesungen wurde, begann sich der Saal zu leeren. Ob das nun auch wieder ein chinesisches Phänomen ist, oder man es erklären könnte, dass die Zuschauer 80 Minuten auf eine 90 Minütige Show warten mussten, lässt mich noch etwas unsicher.

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Ich kriege hier manchmal echt einen Hals. Wenn man zum ersten Mal die Aula des Art Departments sieht, wird man wirklich neidisch: alles ist riesig, es gibt ein Magazin, etliche Lampen, eine eigene Tonkabine, einen Orchestergraben. Architektur, Design, Bestuhlung, alles vom feinsten. Tritt man jedoch näher an die Substanz heran, erkennt man dann Wasserpfützen im Orchestergraben an deren Rändern Schimmel hochwuchert. Tische sind kaputt. Dem edlen Flügel fehlt der Notenhalter. Vorhänge sind defekt und müssen per Hand hochgehievt werden.

Traurig, dass das Gebäude erst ein paar Jahre alt ist und schon so mitgenommen aussieht.

Die Chinesen sind Meister des Täuschens. Egal ob Kleidung, Gebäude, Automobil, Kinderspielzeug oder Nahrung. Solange es auf den ersten Blick gut aussieht, scheint einem hier egal zu sein, was in einem Produkt drin steckt.

We build for China

Zwei Monate Urlaub und Praktikum im Reich der Mitte!

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