Arbeit, Arbeit
So, ob ihr es glaubt oder nicht: heute war tatsächlich unser erster Arbeitstag. Oder zumindest das, was wir als solche bezeichnen könnten. Nein, es war nicht viel, und wir fühlen uns auch nicht kaputt, aber es war kein Sightseeing und kein "Staatsbesuch" in einer Musikschule.
Gut. Der Tag begann nach bewährtem Muster. Wir schnupperten an der Teachers' Unversity in ein unbekanntes Ressort. Erst in so etwas wie das Immatrikulationsamt. Ein paar Fakten über das chinesische Uni-System an dieser Stelle:
- Studiengebühren betragen ca. 500 Euro im Jahr (alles inklusive)
- ein Studentenwohnheimzimmer gerade einmal 50 Euro - im Jahr. allerdings sind das auch Sechsbettzimmer. Nächste Woche besuchen wir so ein Wohnheim, also können wir euch auch Bilder von der Wohnsituation geben
- es gibt hier so etwas wie Anfänge einer Studentenvertretung. Jeder Kurs hat hier einen Kursspreche, die gegen Ende des Semesters einmal tagen, um Probleme mit den Autoritäten zu besprechen
- es gibt Evaluationsbögen für die Arbeit der Dozenten
- genau wie bei uns gibt es Online-Vorlesungsverzeichnis und ähnliches
- Studenten können sich mit ihrer Abiturnote bei drei Universitäten bewerben
Anschließend sind wir durchs Kunstinstitut gelatscht, das im selben Gebäude wie das Musikinstitut liegt. Auffällig war die große Auswahl des Angebots. Bildhauen, Zeichnen, Malen, Cartoons, Basteln, Raumgestaltung, Enviroment Design (darunter können wir uns noch nicht wirklich etwas vorstellen) und vieles mehr. Allerdings waren auch diese Künste ziemlich westlich orientiert. Das fatale war, dass egal in welche Klassenraum wir geschaut haben ÜBERALL kopiert wurde. Also wenn die Studenten etwas gemalt oder gezeichnet haben, dann aus einem Buch. Zu unserer Beruhigung hatte uns ein Dozent dann erklärt, dass dies daran liege, dass es die erste Woche nach den Ferien wäre und das freie Malen erst später dazukäme. Hoffentlich haben wir in ein paar Wochen die Gelegenheit das zu überprüfen.
Dann waren wir zum ersten Mal in der Studentenmensa, die ziemlich voll war. Wir hätten uns gewünscht, dass man hier eine der wichtigsten Erfindungen der Zivilisation eingeführt hätte - Warteschlangen (allgemein bilden sich hier zu gegebenen Anlässen in China selten Schlangen, meistens wird einfach gedrängelt). Die Preise waren wieder phänomenal. Ein Haufen Reis kostet 2-3 cent. Mit dem Essen habe ich übrigens seit gestern meinen Frieden gefunden, als es von morgens bis abends wunderbare Dinge zu Essen gab.
Schließlich kamen wir zu unserer Arbeit. Wir sollten dem Universitätschor die deutsche Aussprache von "Guten Abend, gut' Nacht" beibringen. Als erstes mussten wir den Chorleiter beten, direkt zu den Studenten zu sprechen, da er unsere englischen Sätze für die Gruppe auf Chinesisch übersetzen wollte. Eine unnötige Hürde. Dann stellten wir fest, dass das Englisch tatsächlich sehr schlecht war unter den Studenten. Zum Beispiel wollten wir fragen, welchen englischen Wörtern "gut" und "Rosen" ähneln, was einen Moment brauchte. Manchmal kam es so vor, als würden die Chinesen nur ein englisches Gebrabbel verstehen und dann ein deutsches Wort, das plötzlich auftauchte sofort nachsprechen. Besonders das "wirst" und "Näglein" stellten sich als Herausvorderung heraus. Umso erstaunter waren wir, dass der Rest schon nach nur 45 Minuten Probezeit während des Singens fast muttersprachlich klang.
Im Anschluss hatten wir endlich die Gelegenheit mit den Studenten zu reden. Wir luden etwa vierzig von ihnen in einen Klassenraum und stellten uns vor. Wir baten sie, es zu versuchen, Englisch zu sprechen, auch wenn sie von ihren Fähigkeiten möglicherweise nicht überzeugt war. Wir mussten sie auch daran gewöhnen, still zu sein, wenn ein einzelner von ihnen uns eine Frage stellte, damit alle diese hören konnten. Das Gespräch begann äußerst zäh. So gut wie niemand traute sich von sich aus etwas sagen. Die Gesichter drehten sich oft zum Nebenmann (und noch häufiger zur Nebenfrau), um nachzufragen, ob derjenige verstanden hat, worum es gerade ging. Tatsächlich zeigten sich sehr schnell zwei, drei Mädchen, die sich sehr gut verständigen konnten und damit auch langsam die anderen ermutigten. Wir versuchten einen Austausch über die chinesische und deutsche Jugendkultur zu veranstalten. Wir stellten fest, dass man hier nicht ins Theater geht, aber gerne auf Popkonzerte. Einer (von gerade einmal drei Jungen die sich trauten, mit uns zu sprechen) der Jungs erzählte von seiner Band, die auch schon einige Konzerte in der Stadt hatte.
Allgemein wirken die Studenten hier eher wie Mittelstufenschüler (großes Gekicher und Gekreische bei gewissen Bemerkungen) und von denen auch eher nur die Braven und Schüchternen. Man zeigt hier viel Respekt. Auch Steffi und Mihr gegenüber, dabei schätzten sie uns auf ihr eigenes Alter (wenn, dann nur leicht älter). Bemerkenswert war auch, dass es so etwas wie einen Klassenzusammenhalt gibt. Da die Studenpläne äußerst verschult sind (so gut wie keine Wahl bei Studienfächern, Unterricht in Klassenverbänden), kenn man sich besser und geht dementsprechend anders miteinander um. Besonders rührend war, dass eine Studentin am Ende der Stunde in einem herzförmigen Pappkasten Geld einsammelte. Für einen kranken Klassenkameraden, um ihm besser Behandlung zu ermöglichen (was für Schlüsse wir dadurch auf das Gesundheitssystem ziehen müssen, wissen wir noch nicht).
Nach der Stunde mit den Studenten waren viele ziemlich aufgetaut. Man wollte Fotos mit uns machen und stellte uns noch im kleinen Rahmen private Fragen. Zum Beispiel, was man in Deutschland unternehmen kann, wenn man etwas tun muss, was man nicht will. Damit meinte ein Mädchen, dass sie (wegen der Studienplatzzuweisung) ein Studienfach studieren muss, dass ihr nicht gefällt. Mit der Frage war ich ganz schön überfordert.
Mit einigen der Mädchen haben wir uns dann morgen an unserem (nun nicht mehr ganz so) freien Tag verabredet, um uns die Stadt zeigen zu lassen.
Sehr schön!
Gut. Der Tag begann nach bewährtem Muster. Wir schnupperten an der Teachers' Unversity in ein unbekanntes Ressort. Erst in so etwas wie das Immatrikulationsamt. Ein paar Fakten über das chinesische Uni-System an dieser Stelle:
- Studiengebühren betragen ca. 500 Euro im Jahr (alles inklusive)
- ein Studentenwohnheimzimmer gerade einmal 50 Euro - im Jahr. allerdings sind das auch Sechsbettzimmer. Nächste Woche besuchen wir so ein Wohnheim, also können wir euch auch Bilder von der Wohnsituation geben
- es gibt hier so etwas wie Anfänge einer Studentenvertretung. Jeder Kurs hat hier einen Kursspreche, die gegen Ende des Semesters einmal tagen, um Probleme mit den Autoritäten zu besprechen
- es gibt Evaluationsbögen für die Arbeit der Dozenten
- genau wie bei uns gibt es Online-Vorlesungsverzeichnis und ähnliches
- Studenten können sich mit ihrer Abiturnote bei drei Universitäten bewerben
Anschließend sind wir durchs Kunstinstitut gelatscht, das im selben Gebäude wie das Musikinstitut liegt. Auffällig war die große Auswahl des Angebots. Bildhauen, Zeichnen, Malen, Cartoons, Basteln, Raumgestaltung, Enviroment Design (darunter können wir uns noch nicht wirklich etwas vorstellen) und vieles mehr. Allerdings waren auch diese Künste ziemlich westlich orientiert. Das fatale war, dass egal in welche Klassenraum wir geschaut haben ÜBERALL kopiert wurde. Also wenn die Studenten etwas gemalt oder gezeichnet haben, dann aus einem Buch. Zu unserer Beruhigung hatte uns ein Dozent dann erklärt, dass dies daran liege, dass es die erste Woche nach den Ferien wäre und das freie Malen erst später dazukäme. Hoffentlich haben wir in ein paar Wochen die Gelegenheit das zu überprüfen.
Dann waren wir zum ersten Mal in der Studentenmensa, die ziemlich voll war. Wir hätten uns gewünscht, dass man hier eine der wichtigsten Erfindungen der Zivilisation eingeführt hätte - Warteschlangen (allgemein bilden sich hier zu gegebenen Anlässen in China selten Schlangen, meistens wird einfach gedrängelt). Die Preise waren wieder phänomenal. Ein Haufen Reis kostet 2-3 cent. Mit dem Essen habe ich übrigens seit gestern meinen Frieden gefunden, als es von morgens bis abends wunderbare Dinge zu Essen gab.
Schließlich kamen wir zu unserer Arbeit. Wir sollten dem Universitätschor die deutsche Aussprache von "Guten Abend, gut' Nacht" beibringen. Als erstes mussten wir den Chorleiter beten, direkt zu den Studenten zu sprechen, da er unsere englischen Sätze für die Gruppe auf Chinesisch übersetzen wollte. Eine unnötige Hürde. Dann stellten wir fest, dass das Englisch tatsächlich sehr schlecht war unter den Studenten. Zum Beispiel wollten wir fragen, welchen englischen Wörtern "gut" und "Rosen" ähneln, was einen Moment brauchte. Manchmal kam es so vor, als würden die Chinesen nur ein englisches Gebrabbel verstehen und dann ein deutsches Wort, das plötzlich auftauchte sofort nachsprechen. Besonders das "wirst" und "Näglein" stellten sich als Herausvorderung heraus. Umso erstaunter waren wir, dass der Rest schon nach nur 45 Minuten Probezeit während des Singens fast muttersprachlich klang.
Im Anschluss hatten wir endlich die Gelegenheit mit den Studenten zu reden. Wir luden etwa vierzig von ihnen in einen Klassenraum und stellten uns vor. Wir baten sie, es zu versuchen, Englisch zu sprechen, auch wenn sie von ihren Fähigkeiten möglicherweise nicht überzeugt war. Wir mussten sie auch daran gewöhnen, still zu sein, wenn ein einzelner von ihnen uns eine Frage stellte, damit alle diese hören konnten. Das Gespräch begann äußerst zäh. So gut wie niemand traute sich von sich aus etwas sagen. Die Gesichter drehten sich oft zum Nebenmann (und noch häufiger zur Nebenfrau), um nachzufragen, ob derjenige verstanden hat, worum es gerade ging. Tatsächlich zeigten sich sehr schnell zwei, drei Mädchen, die sich sehr gut verständigen konnten und damit auch langsam die anderen ermutigten. Wir versuchten einen Austausch über die chinesische und deutsche Jugendkultur zu veranstalten. Wir stellten fest, dass man hier nicht ins Theater geht, aber gerne auf Popkonzerte. Einer (von gerade einmal drei Jungen die sich trauten, mit uns zu sprechen) der Jungs erzählte von seiner Band, die auch schon einige Konzerte in der Stadt hatte.
Allgemein wirken die Studenten hier eher wie Mittelstufenschüler (großes Gekicher und Gekreische bei gewissen Bemerkungen) und von denen auch eher nur die Braven und Schüchternen. Man zeigt hier viel Respekt. Auch Steffi und Mihr gegenüber, dabei schätzten sie uns auf ihr eigenes Alter (wenn, dann nur leicht älter). Bemerkenswert war auch, dass es so etwas wie einen Klassenzusammenhalt gibt. Da die Studenpläne äußerst verschult sind (so gut wie keine Wahl bei Studienfächern, Unterricht in Klassenverbänden), kenn man sich besser und geht dementsprechend anders miteinander um. Besonders rührend war, dass eine Studentin am Ende der Stunde in einem herzförmigen Pappkasten Geld einsammelte. Für einen kranken Klassenkameraden, um ihm besser Behandlung zu ermöglichen (was für Schlüsse wir dadurch auf das Gesundheitssystem ziehen müssen, wissen wir noch nicht).
Nach der Stunde mit den Studenten waren viele ziemlich aufgetaut. Man wollte Fotos mit uns machen und stellte uns noch im kleinen Rahmen private Fragen. Zum Beispiel, was man in Deutschland unternehmen kann, wenn man etwas tun muss, was man nicht will. Damit meinte ein Mädchen, dass sie (wegen der Studienplatzzuweisung) ein Studienfach studieren muss, dass ihr nicht gefällt. Mit der Frage war ich ganz schön überfordert.
Mit einigen der Mädchen haben wir uns dann morgen an unserem (nun nicht mehr ganz so) freien Tag verabredet, um uns die Stadt zeigen zu lassen.
Sehr schön!
Itaju - 26. Feb, 19:55